Palm-Stiftung

PALM-STIFTUNG
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Dankesworte von Seyran Ateş, türkischstämmige Deutsche, Anwältin und Publizistin aus Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Thea,

Sie haben uns heute einen Preis überreicht, der für die Meinungsfreiheit und Pressefreiheit steht. Vielen Dank für die Ehre, die Sie mir und meiner Arbeit und Überzeugung zuteilwerden lassen.

Im Grunde ist es doch eine Schande, oder? Dass man leider – teilweise auch noch in Deutschland – immer noch nicht seine Meinung wirklich frei äußern und drucken kann. Jedenfalls sind wir oft Beschränkungen ausgesetzt, auch wenn sie lediglich aus „Einschüchterungen“ bestehen. Es gibt noch zu viele Menschen, die eine andere Meinung nicht akzeptieren können. Sie sind sogar bereit, deshalb zu töten, weil jemand anders denkt. Das alles geschieht auch in Deutschland, obwohl wir in Deutschland und in Europa diesbezüglich schon eine sehr luxuriöse Situation haben. Wir alle wissen, dass es schlimmere Zeiten gegeben hat.

Sie erinnern mit diesem Preis an diese noch schlimmeren Zeiten und stehen für das freie Denken und freie Publizieren, ohne die politische Prozesse, ohne die eine Aufklärung und ohne die Fortschritt nicht denkbar wären.

Vielen Dank dafür.

Ich stehe mit meinem Geist und meiner Arbeit für dieselben Ziele wie Sie. Das wissen Sie natürlich, sonst würden Sie mich nicht preisen, d.h. natürlich ehren. Wie schön man mit der deutschen Sprache spielen kann.

Sie geben mir einen Preis dafür, dass ich mich für Freiheit einsetze; und ich gebe dafür auch einen Preis. Nämlich einen großen Teil meiner persönlichen Bewegungsfreiheit. Und glauben Sie mir, auch wenn ich so mutig scheine oder bin, Vieles bleibt noch ungesagt bzw. ertappe ich mich dabei, vorsichtig zu sein, vorsichtiger zu sein, seit ich Mutter bin. Denn es gibt einen Preis, den man zahlen kann, wenn man sich für die Freiheit einsetzt, der nicht zu korrigieren, nicht rückgängig zu machen ist – das ist der Preis, sein Leben dafür zu geben.

Nachdem ich ein Attentat überlebt habe, weiß ich, wovon ich spreche. Das ich trotz dieser  Erfahrung weitergemacht habe, war der Preis, den ich bereit war, dafür zu zahlen. Ich sagte: „Jetzt erst recht.“ Was könnt ihr mir nehmen – mein Leben? Bitteschön. Mein Leben steht für die Freiheit, zu leben, zu denken, zu sprechen und zu schreiben, wie man es für richtig hält. Ich lebe dafür. Jetzt ist alles anders. Jetzt bin ich nicht mehr nur für mich allein verantwortlich.

Ich habe nicht das Recht, andere wegen meiner Ideale zu gefährden. Mein Kind zu gefährden. Seit zwei Jahren lebe ich mit dieser Ambivalenz. Ich bewundere alle Menschen, die in der Vergangenheit und Gegenwart sehr viel gegeben haben für die Freiheit. Einige von Ihnen sind und waren Mütter und Väter. Sie haben es auch „irgendwie“ gemacht. Eine tiefe Überzeugung, das Richtige zu tun, hilft. Und Verbündete zu haben, die einen hin und wieder bestätigen. Verbündete wie Sie. Danke.

Vielen Dank, dass Sie meine bisherige Arbeit, die getragen wird von einem freien Denken, das ich in Deutschland gelernt habe, unterstützen und auszeichnen.

Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht enttäuschen werde. Und ich verspreche Ihnen, dass ich mich nicht enttäuschen werde; und erst recht verspreche ich Ihnen, dass ich mich weiterhin für die Menschen einsetzen werde, die ihre Stimme nicht selbst erheben dürfen/können. Für die Menschen, denen untersagt wird, frei zu denken, zu sprechen und zu schreiben.

Und wie es aussieht, werde ich wohl in Zukunft noch mehr schreiben. Das kann man, muss man sogar, ohne viel Bewegungsfreiheit. Hauptsache der Kopf ist an seinem Platz.

DANKE