Palm-Stiftung

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Gruppe "Akademiker für den Frieden", Friedensaktivist*innen aus der Türkei, Preisträger 2016

Wissenschaftler*innen unter Dauerfeuer

"Die Forderung nach Frieden ist kein Verbrechen! Man kann doch dafür nicht verurteilt werden," sagen die Mitglieder der Gruppe "Akademiker für den Frieden". Sie hatten im Januar 2016 eine Petition mit dem Titel "Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein" unterzeichnet, das die Massaker an der Zivilbevölkerung in den kurdischen Gebieten im Norden der Türkei scharf verurteilte.

Viele der mehr als 1.000 Unterzeichnenden sind mittlerweile aus ihren akademischen Berufen vertrieben, von ihren Ämtern an Universitäten, öffentlichen Einrichtungen oder gemeinnützigen Organisationen suspendiert, mit dem Vorwurf der "Mitgliedschaft in einer terroristischen Gemeinschaft" angeklagt, zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, mit Ausreiseverboten überzogen oder ins Exil verbannt worden. 

Die kürzlich gegen den pensionierten Neurologen Gencay Gursoy verhängte, drakonische Haftstrafe von mehr als 2 Jahren deutet darauf hin, dass die türkische Staatsanwaltschaft in den Prozessen in Zukunft eine noch härtere Gangart anschlagen wird: Bisher waren die Strafen mit 1 - 2 Jahren eher im unteren Durchschnitt geblieben. Für die neuerlichen Verhandlungen, die auch für sie selbst und viele andere für den 28. Januar 2019 angesetzt sind, erwartet Esra Mungan, Ehefrau von Gencay Gursoy, Soziologin und Gründungsmitglied der "Akademiker für den Frieden", das Schlimmste.

Auf Nachfrage, wie es ihr gehe, antwortete sie der Palm-Stiftung im Dezember 2018: "Bei uns geht es tatsächlich nicht zu gut.  Niemand hatte erwartet, dass Gencay eine zusätzliche Strafe von einem Jahr bekommen würde, denn bisher war die Strafe 15 Monate ganz `Standard`.  Hier findet seit kurzem etwas Neues statt. Heute hat sogar die Leiterin der türkischen Menschenrechtsstiftung 30 Monate Haft bekommen!"

In der Tat geraten in der Türkei zunehmend auch Menschen in Gefahr, die sich für andere einsetzen. Bekannt geworden sind im Jahr 2018 die Fälle des deutschen Menschenrechtstrainers Peter Steudtner und der Direktorin der türkischen Sektion von Amnesty International, Idil Eser, sowie nach Aussage von Amnesty International mindestens 10 weitere Mitglieder der NGO. 

Gencay und Esra waren beide mit einigen Kolleg*innen 2016 in Schorndorf zu Gast, als ihnen stellvertretend für die ganze Gruppe der Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit überreicht worden war. Der Festakt hatte etwa 25 türkischen Akademiker_innen die Möglichkeit gegeben, sich nach langen Monaten einmal wieder zu treffen. Viele waren mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen, einige ins Exil in den USA oder Deutschland, andere hatten Asylanträge gestellt oder internationale Forschungsstipendien angenommen. Die fröhliche, ausgelassene Stimmung im Dezember 2016 in Schorndorf erinnerte fast an ein Klassentreffen.

Davon ist zwei Jahre und viele zermürbende Prozesstage später nichts mehr übrig. Esra Mungan: "Am 28.1.2019  wird der Prozess für vier von uns wieder aufgenommen werden. Wir vier waren bereits 2016 für 40 Tage im Gefängis. Es sieht wirklich so aus (seit  Wochen verdichten sich alle Zeichen), dass auch wir eine höhere Strafe bekommen werden, als es bisher üblich war."

Die Luft wird dünner. Erdogan zieht die Daumenschrauben gegen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Akademiker und alle, die sich eine eigene Meinung erlauben, fester.

 

Einige Gruppenmitgliedern im Gespräch mit uns - und in der Waiblinger Kreiszeitung anlässlich der "Woche der Meinungsfreiheit" 2021

 Video zu den Prozessen und Urteilen gegen Mitglieder der Gruppe auf Youtube

 Homepage der Gruppe "Akademiker für den Frieden" (englisch)