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Foto: Danijel Grbic, Bebop Media
Foto: Danijel Grbic, Bebop Media

Dankesworte von Josephine Achiro Fortelo, Radiojournalistin und Medienaktivistin aus dem Südsudan

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich stehe hier im Namen meiner Kollegen aus dem Südsudan. Wir sind vereint im Kampf gegen das System der Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalisten im Südsudan. Morde, Verhaftungen und Verfolgung, um nur einige Verletzungen der Pressefreiheit im Südsudan zu nennen, haben ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen. 

Neben all diesen genannten Tatbeständen, haben jüngst aber vor allem sogenannte "unbekannte bewaffnete Milizen" eine neue Qualität von Morden im Südsudan hervorgebracht. Wir bedauern zutiefst, dass keines dieser Verbrechen je untersucht worden ist. Der Mangel an Gerechtigkeit für die Opfer im Südsudan ist unerträglich. Wir fordern ein Bekenntnis zum Schutz von Journalisten und eine Kampfansage gegen die Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalisten.

Wir wünschen uns deshalb Ihre Unterstützung; Sie können unseren Behörden erklären, wie Medien genutzt werden können, um Leben zu retten. Wir bündeln ebenso all unsere Kräfte, um Sie darin zu bestärken, um für sichere Arbeitsbedingungen für Journalisten - und die Menschen - im Südsudan zu kämpfen, damit ihr verbrieftes Grund- und Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung ausüben können, und zwar in allen Online- und Offline-Medien.

Die meisten Medieninstitutionen haben sich die Strategie "Selbstzensur" als Schutzmechanismus angeeignet, um die Konfrontation mit der Regierung zu vermeiden. Das Bedürfnis nach Sicherheit scheint das journalistische Grundprinzip der Information der Öffentlichkeit zu verdrängen.

Das Ausmaß der Angst lässt sich an den Geschichten ablesen, über die Journalisten im Südsudan in ihren Zeitungen, Radiosendern oder Onlinemagazinen überhaupt noch berichten.

Seit der Neuverhandlung des Abkommens über die Beilegung des Konflikts in der Republik Südsudan (ARCSS), das den 5jährigen Bürgerkrieg beenden soll, wurde keine Verhaftung eines Journalisten bekannt - aber die Medienperformance ist gesunken, hinsichtlich der Qualität, der berichteten Inhalte und der abgedeckten Regionen. Die Verhaftung des Akademikers Dr. Peter Biar Ajak hat die Angst unter uns Medienschaffenden nur noch verstärkt. [Ajak ist ein Friedensaktivist und Regierungskritiker, der in England studiert hat, in Kenia lebt und bei der Einreise in den Südsudan im Juli 2018 aus bisher unbekannten Gründen verhaftet wurde, Anm. d. Red..]

Eine weitere Begleiterscheinung des Bürgerkrieges ist die Tatsache, dass die Medien sich viel zu sehr auf den Konflikt und die Friedensverhandlungen konzentriert und dabei das menschliche Elend vernachlässigt haben.

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt einbringen, der möglicherweise auch in Ihrem Land eine Rolle spielt: Frauen sind Nachrichtenmacherinnen, die eine ganz eigene, angemessene Beachtung und eine würdige und sensible Behandlung verdienen. Es ist unser Auftrag als Medienschaffende und Reporter, die Ungleichbehandlung der Geschlechter in der Nachrichtenberichterstattung aufzudecken. Dies sollte vor allem in Hinsicht auf die Übernahme politischer Ämter oder auch positiver Diskriminierung, wie etwa Frauenquoten, geschehen.

Warum brauchen wir eine Geschlechtergerechtigkeit in den Medien? Wir sollten Frauen als mit allen ihnen zustehenden Rechten vollwertig ausgestattete Journalistinnen und Medienarbeiterinnen anerkennen! Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen gleich sind, Frauen und Männer, dass sie gleich sind und frei, ihre eigenen Vorlieben auszuleben, ohne durch stereotype Geschlechterrollen oder rigide Vorurteile beschränkt zu sein.

Wir Frauen fragen uns da bisweilen, wo eigentlich das Problem liegt...

Medien berichten nicht über Frauen. Der Mangel an weiblicher Perspektive in der Berichterstattung und die weltweite Ungleichheit der Geschlechter existieren überhaupt nur aufgrund der Tatsache, dass Frauen bisher dauerhaft von Entscheidungen ausgeschlossen waren.

Warum sind Frauen in der südsudanesischen Medienlandschaft so unterrepräsentiert? Lassen Sie mich einige Gründe benennen:

  • Sie leben in einem Umfeld der Angst
  • Sie leiden unter einem Mangel an Motivation
  • Viele haben sexuelle Gewalt erfahren
  • Es herrscht ein Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten
  • Sie erfahren hohen Druck aus dem familiären Umfeld und ein Gefühl der Verantwortung für die Familie
  • Es herrscht allgemeine Geschlechterungleichheit
  • Rollenverhalten in traditionellen kulturellen Mustern
  • Sie konkurrieren untereinander
  • Bei zahlreichen Dialekten in unserem Land scheint die Sprachbarriere unüberwindbar
  • Sie leiden unter Mutlosigkeit

 

Der Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit 2018 erinnert uns an die Verantwortung, als Journalist_innen im Südsudan die Selbstzensur zu überwinden und unser Volk wieder mit echten Nachrichten zu versorgen.

Hochachtungsvoll und in Dankbarkeit, Ihre Josephine Achiro

 

 

Aus dem englischen Original von L&K Übersetzungen GbR, Schwäbisch Gmünd und Annette Krönert, Dresden. Es gilt das gesprochene Wort.

Aufgrund eines Fehlers bei der Tonaufnahme in der Halle müssen wir uns hier auf den vor der Veranstaltung vorliegenden Teil der Rede beschränken. Die spontanen Ergänzungen der Preisträgerinnen sind leider nicht nachlesbar.