Palm-Stiftung

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Presseerklärung des Kuratoriums der Palm-Stiftung e.V. zum 26. August 2004

Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit 2004

Der Journalist Sergeij Duvanov aus Kasachstan und das afghanische Frauenmagazin Malalai sind die Preisträger 2004

Der Journalist Sergeij Duvanov aus Kasachstan und die afghanische Frauenzeitschrift Malalai sind die Träger des Johann-Philipp-Palm-Preises für Meinungs- und Pressefreiheit 2004. Sie teilen sich den mit 20.000 € dotierten Preis, der von der Palm-Stiftung, gemeinnütziger Verein e.V. Schorndorf, alle zwei Jahre verliehen wird. Schirmherr des Preises ist der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teufel.

Die Träger des Johann-Philipp-Palm-Preises werden vom Kuratorium der Palm-Stiftung e. V. bestimmt. Der Preis trägt den Namen von Johann Philipp Palm, der ein historisches Vorbild für den Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit ist. 1806 verlegte Johann Philipp Palm eine anonym verfasste Flugschrift, in der die imperiale Politik Napoleons unter dem Deckmantel der Freiheit scharf kritisiert wurde. Auf Geheiß Napoleons wurde Palm nach Braunau am Inn vor ein französisches Militärgericht gebracht. Ohne Rechtsbeistand versuchte sich Palm zwar zu verteidigen, gab aber den Namen des Autors der Flugschrift nicht preis. Mitten im Frieden wurde Johann Philipp Palm als Bürger einer deutschen Freien Reichsstadt in einem Willkürakt zum Tode verurteilt und binnen drei Stunden am 26. August 1806 hingerichtet. 

Vor diesem historischen Hintergrund hat das Kuratorium der Palm-Stiftung Sergeij Duvanov und die Zeitschrift Malalai aus einer Reihe preiswürdiger Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt, die von den Kooperations-partnern der Stiftung, Reporter ohne Grenzen und amnesty international, vorgeschlagen wurden. 

Sergeij Duvanov gilt als einer der schärfsten Kritiker des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew und dessen Regime. Insbesondere bemühte sich Duvanov um die Aufklärung einer Schwarzgeldaffäre, in die Nasarbajew verwickelt war. Nach seinen regimekritischen Veröffentlichungen wird er von drei unbekannten Männern brutal zusammengeschlagen. Anfang 2003 wird Duvanov in einem fragwürdigen Prozess wegen angeblicher Vergewaltigung einer Minderjährigen zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Die Europäische Union kritisiert das Urteil scharf und sieht elementare Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt. Sie nimmt den Fall zum Anlass, die Rechtsstaatlichkeit in Kasachstan in Frage zu stellen. Nach einer mehrmonatigen Haft wird Duvanov auf Bewährung entlassen, steht aber weiterhin unter Hausarrest. Das Kuratorium der Palm-Stiftung sieht in Sergeij Duvanov ein herausragendes Vorbild im Sinne des Stiftungsgedankens. Durch seinen Einsatz für Demokratie und sein Bemühen um Aufklärung setzt sich Sergeij Duvanov der Verfolgung durch ein gewaltbereites Regime aus. Bewusst nimmt er unabsehbare persönliche Konsequenzen in Kauf. Sergeij Duvanov tritt – in anderen Zeiten, aber in vergleichbaren politischen Umständen wie Johann Philipp Palm –  unter persönlicher Gefährdung für Meinungs- und Pressefreiheit ein. 

Malalai ist die erste Zeitschrift Afghanistans, die sich seit Anfang 2002 mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren exklusiv an eine weibliche Leserschaft richtet. Das Magazin, das ein Projekt des afghanischen Medien- und Kulturzentrums AINA ist, will die Rechte der afghanischen Frauen stärken und ihnen ein Forum bieten. Neben klassischen Themen eines Frauenmagazins widmet sich die Zeitschrift in jüngerer Zeit verstärkt politischen Themen. Diese Konzeption stößt beim islamistisch geprägten Teil der afghanischen Gesellschaft auf große Kritik. Nachdem zur Zeit des Talibanregimes Frauen vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen waren, trifft das neue weibliche Selbstverständnis bei bestimmten politischen Kräften auch heute auf erhebliche Widerstände. Die Frau vor und hinter der Kamera ist in Afghanistan immer noch alles andere als üblich. Der Name der Zeitschrift ist Programm: Malalai war eine afghanische Volksheldin des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die  durch ihren Widerstand gegen die britische Kolonialmacht berühmt wurde und zu einer Gallionsfigur der afghanischen Frauenbewegung avancierte. Initiatorin der Zeitschrift ist Jamila Mujahed, eine bekannte afghanische Radiojournalistin, die das Magazin mit einem sechsköpfigen Redaktionsteam betreibt. Nach Auffassung des Kuratoriums der Palm-Stiftung geben Malalai und die Frauen, die hinter der Zeitschrift stehen, über kulturelle und geographische Grenzen hinweg – wie Johann Philipp Palm – ein herausragendes Beispiel für den Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen sich Afghanistan befindet, müssen Menschen mit Mut und Engagement für Demokratie und Menschenrechte Unterstützung finden.

Bei der Preisverleihung am 5. Dezember 2004 in Schorndorf hält Frau Professor Dr. Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts a. D. und amtierende Präsidentin des Goethe-Instituts, den Festvortrag. Dr. Heiner Geißler, Bundesminister a. D., und Freimut Duve, ehem. MdB und Medienbeauftragter der OSZE, sind die Laudatoren von Malalai und Sergeij Duvanov. Im Rahmen dieser Veranstaltung soll auch Johann-Philipp Palms gedacht werden, der zusammen mit seiner Frau Dr. Maria Palm das Vermögen der Palm-Stiftung gestiftet hat. Er ist in diesem Jahr am 8. Mai verstorben.